Barbara Piatti (*1973) ist Literaturwissenschaftlerin und Kulturvermittlerin. Sie schreibt Sachbücher für Kinder und Erwachsene, verfasst Hörspiele, organisiert Ausstellungen und Festivals. Zu ihren Schwerpunkten zählt die Leseförderung, etwa am Schweizer Vorlesetag und in der Schweizer Erzählnacht, für die sie regelmässig aufwendige Produktionen realisiert. 2023 ist ihr der Kulturpreis Baselland verliehen worden.

Ablauf Lesung

Ausgewählt werden je nach Altergruppe 3-6 Bräuche, die in Bild (farbenfrohe lllustrationen von Yvonne Rogenmoser), Text und Ton (Musikeinspielungen, Geräusche) vorgestellt werden. Punktuell kommen auch Objekte zum Einsatz, die die einzelnen Bräuche veranschaulichen. Die Kinder haben die Gelegenheit, bei Bewegungssequenzen mitzumachen oder zu tanzen. Auch eine kurze Mal-Aktivität ist vorgesehen (Farbstift und Kärtchen). Es wird also sehr abwechslungsreich...

Werke

• Feste und Bräuche in der Schweiz, Barbara Piatti, Yvonne Rogenmoser, ab 5

Leseprobe aus «Feste und Bräuche in der Schweiz»

Vogel Gryff

An einem kalten Januartag treibt ein Floss rheinabwärts. Darauf tanzt zu Trommelwirbeln und Kanonenschüssen ein unheimlicher Kerl mit einem Tännchen über der Schulter. Dieser «Wilde Maa» erinnert an das Handwerk der Holzfäller und Flösser, die die Baumstämme auf dem Wasserweg nach Basel brachten. Am Ufer warten schon der «Leu» und der «Vogel Gryff» auf ihren Freund aus den Wäldern. Es sind die Wappentiere der drei Kleinbasler Ehrengesellschaften. (…) Nun ziehen die Fabelwesen zu dritt weiter und legen immer wieder einen Halt ein, um zu tanzen. Was auffällt? Sie drehen dem Stadtteil Grossbasel am anderen Rheinufer immer den Rücken zu. Ja, manchmal strecken sie ihm sogar den Hintern entgegen. Ehre erweisen sie bloss ihrem «Glaibasel».

Kinderfest auf dem Schaffhauser Munot

Wie herrlich, ein Festtag ausschliesslich für Kinder, Zutritt für Eltern strengstens verboten! Auf dem Munot, der mächtigen Schaffhauser Festung, feiern über 1000 Kinder das KIFE (Kinderfest). In Gruppen eingeteilt, sie sind für einen Nachmittag «Güggel, Rössli, Igel, Büsi, Papagei, Fisch oder Häsli». «Bock» (Schafbock, das Schaffhauser Wappentier) und «Bölle» (Riesenzwiebel), zwei kostümierte Figuren, führen die Schar in einem Umzug hoch zum Munot. Jetzt wird die Festung erobert! Die jungen Gäste spielen den ganzen Nachmittag, lauschen der Märchenerzählerin, steigen hinunter in die dunklen Gewölbe, wo Drachen, grüne Monster und Fledermäuse hausen, und essen Hotdogs. Am Ende darf jedes Kind eine Bonbonniere und einen Lampion abholen. (…) Als krönender Abschluss wird auf der Zinne ein Feuerwerk gezündet, das die Familien von einer Wiese aus bestaunen.

Räuchle in Appenzell Innerrhoden

Bernsteinfarben sind die Weihrauchkörner. Auf glühende Kohlen gelegt, verströmen sie ihren unverwechselbaren, süsslichen Duft. Mit einem Rauchfass oder einer Räuchlipfanne werden Wohnräume, Werkstätten und Ställe gesegnet. «Räuchle» nennen die Appenzeller und Appenzellerinnen das. Psst, in der Heiligen Nacht sollen die Tiere in den Ställen sprechen können. Also leise sein und lauschen, was sie zu erzählen haben.