Mit TikTok gute Geschichten erzählen

Einblick in einen neuen Social-Media-Workshop

Kurze Hochformat-Videos wie Instagram Reels, TikToks und YouTube Shorts sind im Trend. Im Workshop «Digital Content Creation» lernen Schülerinnen und Schüler, wie man solche Videos konzipiert, dreht und schneidet. Die Klasse entdeckt die Welt der Kurzvideos und diskutiert, was spannend und relevant ist. Kleine Produktionsteams entwickeln Konzepte und Storyboards, wobei wichtige Inputs eingewoben werden. Anschliessend werden die Videos produziert. Die fertigen Filmchen werden in der Klasse gezeigt und können auf einem Elternabend vorgeführt werden, wenn die Schülerinnen und Schüler zustimmen.

Digitalisierungsexperte und -berater Benjamin Hanimann hat dieses ein- bis zweitägige Angebot für die beiden Volksschulamts-Fachstellen Schule+Kultur sowie Bildung und ICT entwickelt. Im Interview erläutert er, wie Schüler/innen und Lehrpersonen gleichermassen von diesem Workshop profitieren und weshalb das Kreieren von Social-Media-Inhalten auch eine Kunstform sein kann.
 

Von Kindern und Jugendlichen wird gerne gesagt, dass sie den ganzen Tag am Handy verbringen. Ist es sinnvoll, diese Tätigkeit auch noch in der Schule aktiv zu unterstützen?

Bei «Digital Content Creation» werden die kreativen Energien der Jugendlichen und Kinder aktiviert. Es geht darum, aus dem passiven Konsumieren auszubrechen und ins aktive Produzieren einzutreten. Es ist sinnvoll, diese Tätigkeit in den Unterricht einzubinden, um so die private Nutzung auch in eine aktive Richtung lenken zu können.

Im Workshop zeigst du den Schüler/innen immer wieder reale TikToks und Reels und fragst, ob sie die Inhalte ansprechen oder nicht. Gibt es klare Kriterien, wann ein Social-Media-Filmchen interessant, langweilig, lustig oder schlicht Werbung ist? 

Es gibt klare Abgrenzungen, was Werbung ist. Diese muss gekennzeichnet werden, dies ist aber leider nicht immer sofort ersichtlich. Ob Filmchen spannend sind oder nicht, hängt von ganz vielen Faktoren ab: Was ist aktuell Trend? Welche Trends sind in der Klasse verbreitet? Wie schnell ist das Video? Welche Creator sind im Video zu sehen? Was ist das Thema? Die Schülerinnen und Schüler sind sehr divers in jeder Altersstufe und in jeder Gemeinde, daher ist es immer wieder spannend, welche Videos wo funktionieren. 

Dein Angebot ist bei Schule+Kultur im Programm. Inwiefern vermittelst du neben Medienkompetenz auch eine ernstzunehmende Kunstform? 

Die Grundlage des Programms für Schülerinnen und Schüler ist die Dramaturgie. Wie werden gute Geschichten erzählt? Was ist ein Spannungsbogen? Wieso ist dies wichtig? Diese Grundlage kommt in vielen Erzählungen und Kunstformen zum Einsatz.

Wie kann das Erlernte über den Workshop hinaus in der Schule eingesetzt werden?

Wer Geschichten erzählen kann, hat die Fähigkeit, dies in jedem Fach und in der Freizeit einzusetzen. Auch das eigene Bewerbungsdossier kann mit einem Video ergänzt werden. 

Profitieren auch die Lehrpersonen von diesem Angebot?

Die Lehrpersonen bekommen einen starken Einblick in die Lebenswelt ihrer Schüler/innen. Sie sehen auch die Fähigkeiten, welche die Jugendlichen in diesem Bereich bereits mitbringen. Zusätzlich sehen sie, was alles möglich ist und welche Apps für Videoproduktionen eingesetzt werden können.

Hast du Beispiele für TikTok-Trends und Insta-Stars, von denen viele Erwachsene mutmasslich noch nie gehört haben? 

Ich lass einfach ein paar Wörter und Namen da, bei Interesse einfach mal Googlen: Aditotoro, Hannah, 7 vs. Wild, Pappaplatte, Rezo. Ein Tipp ist Nindo.de, die Plattform beinhaltet auch eine Art Charts für aktuelle Internetstars aus dem deutschsprachigen Raum.

Du hast einmal gesagt, dass du mehrere Stunden pro Wochen auf Instagram, TikTok und Co verbringst, um beruflich up-to-date zu bleiben. Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Ich bin auf allen sozialen Medien unterwegs, die es gibt. Auf diesen habe ich eine gute Basis aufgebaut, um bei den aktuellen Trends dabei zu sein. Heisst: einmal am Tag werden alle sozialen Medien nacheinander geöffnet und die neusten Posts und Trends angeschaut. 

Hand aufs Herz: macht diese Art von Recherche nicht auch ein wenig süchtig? Wie trennst du selber Berufliches und Privates?

Bei TikTok kann es schon passieren, dass ich länger drauf bin als wirklich notwendig. Der Algorithmus ist dort einfach sehr stark. Die Trennung zwischen Beruflichem und Privatem funktioniert sehr gut, da ich als Privatperson fast kein Social Media mehr nutze. Es hat einen sehr professionellen Charakter erhalten.

 


Seit Benjamin Hanimann denken kann, gehören Geschichten zu seinem Leben. Durch Freunde, welche ihm von ihren Leben erzählen. Durch Bücher, welche ihn in neue, wunderbare, skurrile oder hässliche Welten führen. Durch Filme, welche ihm den Weltraum ins Wohnzimmer bringen. Und durch Videospiele, welche ihm Schicksale von virtuellen Figuren erzählen. Diese Leidenschaft der Geschichten und der verschiedenen Welten trägt er heute in die Welt.

Zum Schulangebot «Digital Content Creation»
Buchbar ab der 6. Primarklasse

Website Benjamin Hanimann

Interview: Schule+Kultur