Die Geschichte einer Tänzerin

Ilona Kannewurf und Guy Krneta geben einen Einblick in ihr Stück «When You Move Like That»

«Mir sind inä und ufä id Estrade. Döt wo die richtig Coole gsi sind. Die, wo nüt nötig gha hend. Die, wo genau so gsi sind wie die i de Videoclips.»

Die Performance «When You Move Like That» erzählt die Geschichte einer jungen Frau in der Ostschweiz, die tanzen will. Ihre Mutter kommt aus Afrika, ihr Vater ist Europäer. Als fünfjähriges Kind tritt sie in Mini-Playback-Shows im Warenhaus auf. Als Jugendliche nimmt sie an Tanzbattles im Hip-Hop-Club teil. Es folgt die Ausbildung in klassischem und zeitgenössischem Bühnentanz. Doch der Einstieg in den professionellen Tanzbetrieb wird ihr nicht leicht gemacht. «When You Move Like That» erzählt mit Mitteln des Theaters und des Tanzes den Weg einer jungen Frau, die lernt sich gegen Widerstände durchzusetzen. 

Im Stück treffen verschiedene Welten aufeinander: Das Aufwachsen zwischen zwei Kulturen in der Ostschweizer Provinz. Die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Jugendlichen, die in der gleichen Schweiz aufwachsen. Unterschiedlichen Tanzwelten, die immer auch soziale Realität bedeuten. Die Protagonistin kämpft um Anerkennung und ihren Wunsch, Tanz und Existenz zu verbinden. Sie appelliert an das Potential jedes Menschen sich zu realisieren, an die Möglichkeiten sich zu beteiligen, die Gesellschaft und die Welt mitzugestalten.
Die Schauspielerin und Tänzerin Ilona Kannewurf sowie der Autor und Regisseur Guy Krneta haben das Stück gemeinsam geschrieben. Der Text ist inspiriert von Kannewurfs eigener Biografie. Er erzählt wichtige Etappen im Leben der jungen Aufwachsenden, die Tänzerin werden will und als Person of Color in der Ostschweizer Provinz der Neunzigerjahre aufwächst. Ilona erzählte ihre Geschichte in mehreren Interviews. Anschliessend schrieben die Beiden den Text gemeinsam. Guy Krneta notierte in Berndeutsch, Ilona Kannewurf rückübersetzte ins Thurgauerische.

Die Geschichte macht unterschiedliche Formen des Erzählens möglich: Monolog, Schauspiel, Tanz, Film, Musik. Es entsteht eine Art choreografisches Theater, in dem Gestik und Umgang mit Sprache von der Erfahrung der Tänzerin durchdrungen sind. Der Tanz steht hier für einen Lebenstraum, ein Leben mit und in der Kunst, als Gegenwelt zur zum Teil belastenden Realität der jungen Aufwachsenden. Er gibt Einblick in verschiedene Tanz-Welten mit eigenen Spielregeln und zeigt anderseits die psychischen Zustände der Figur. Tanz ist Thema des Stücks und zugleich Mittel der Umsetzung und Erzählung.

Die Aufführung ist eine One-Woman-Show, die an die Grenzen der körperlichen Erschöpfung geht. Hip-Hop verlangt Raumfülle und glitzernde Fassadenwelt. Dagegen kann die Erzählung auch mal leise und intim sein. Filmische Einspielungen zeigen die Protagonistin im Traum, im Videoclip, in der Modern-Dance-Impro, in der Film-Noir-Tanzshow in London. Sie erweitern den Bühnenraum und geben Ilona Kannewurf die Möglichkeit zum Tanz im Ensemble mit sich selber. 

Das Stück ist am 19. Mai als Schulvorstellung im Tanzhaus Zürich zu sehen und eignet sich für Schülerinnen und Schüler ab der 1. Sekundarklasse. 


Ilona Kannewurf, geboren 1987 in Frauenfeld und aufgewachsen in Sirnach, lebt und arbeitet als Tänzerin und Schauspielerin in Zürich. Sie wirkte mit in Produktionen am Schauspielhaus Zürich und am Opernhaus Zürich, arbeitet mit unterschiedlichen Formationen in der Freien Szene und unterrichtet an Tanzschulen.

Guy Krneta, geboren 1964 in Bern, lebt als freier Autor in Basel. Er war Dramaturg und Co-Theaterleiter an Theatern in der Schweiz und in Deutschland. Er schreibt Stücke, Geschichten fürs Radio, tritt als Spoken-Word-Autor auf und publiziert Bücher. Für sein Werk erhielt er mehrere Preise, u.a. einen Schweizer Literaturpreis (2015).

Informationen und Anmeldung
Interview Tagblatt Ostschweiz

Text: Ilona Kannewurf und Guy Krneta (zuerst erschienen bei Kultur macht Schule, Kanton Aargau)

«When You Move Like That» / Foto: Miland Ahmadvand

«When You Move Like That» / Foto: Miland Ahmadvand

Ilona Kannewurf und Guy Krneta / Foto: Johannes Frigg